Freitag, 20. Juni 2014

Sarpei: "Wir Ghanaer sind unberechenbar"

2010 noch in Ghanas WM-Kader: Sarpei  © Bongarts/GettyImages
2010 noch in Ghanas WM-Kader: Sarpei
Als Ghana 2010 auf Deutschland traf, war Hans Sarpei noch selbst mit dabei. Am Samstag (ab 21 Uhr MESZ, live in der ARD) wird der 37-Jährige, der mittlerweile seine Karriere beendet hat, beim zweiten WM-Gruppenspiel der beiden Kontrahenten nur zuschauen. Die "Black Stars" liegen ihm aber noch immer am Herzen. Für DFB.de stellt der Ex-Bundesligaprofi das Team Ghanas vor.

Eines vorweg: Wir haben keine Angst. Vor niemandem. Auch nicht vor Deutschland. Deshalb war der Jubel riesig in meinem Heimatland, als es bei der Auslosung zur Gruppenphase der WM in Brasilien erneut dieses Los gab: Ghana gegen die DFB-Auswahl. Wie bereits 2010. Für mich ist es auch das Duell eines Geheimfavoriten gegen einen der ganz großen Titelkandidaten.
Ein ernstzunehmender Gegner mit Halbfinalpotenzial
Ghana hat das Potenzial, um Minimum ins Halbfinale zu kommen – und ab dann ist immer alles möglich. Wir spielen keinen Spaßfußball mehr, wir sind ein ernstzunehmender Gegner. Dass das keine Träumerei ist, haben wir schon beim Turnier 2010 in Südafrika gezeigt, als wir im Viertelfinale unglücklich im Elfmeterschießen an Uruguay gescheitert sind.
Und Deutschland? Da gibt es für mich keine zwei Meinungen. Das Potenzial ist so riesig. Ich bin mir sicher, dass Jogi Löw die Mannschaft ins Finale führt. Es gibt hervorragende Individualisten wie Mesut Özil oder Mario Götze, um nur zwei zu nennen. Gleichzeitig ist das Kollektiv sehr stark. Das ist das Rezept, um Weltmeister zu werden.
Führende Rolle im afrikanischen Fußball
Obwohl die Gruppe mit Portugal und den USA stark ist, bin ich davon überzeugt, dass Ghana und Deutschland ins Achtelfinale einziehen werden. Ich wünsche es mir sehr. Seit meinem dritten Lebensjahr wohne ich in Köln, hier bin ich zu Hause. Aber ich stamme aus Ghana. 2010 war ich selbst ein Teil der Auswahl, die für einen gesamten Kontinent die Flagge hochgehalten hat. Alle anderen afrikanischen Teams waren bereits gescheitert. Es war ein unglaubliches Gefühl, wir waren extrem stolz. Allerdings glaube ich nicht, dass das ein Zufall war. Ghana hat inzwischen eine führende Rolle im afrikanischen Fußball übernommen.
Wir sind jetzt zum dritten Mal in Folge bei einer WM dabei. 2006 in Deutschland haben wir es ins Achtelfinale geschafft, 2010 noch einen Schritt weiter. Eigentlich ist ja klar, dass nach dem Gesetz der Logik jetzt das Halbfinale dran ist. Ich bin zuletzt häufiger gefragt worden, was uns derzeit eigentlich so stark macht. Und die Antwort ist eigentlich ganz einfach. Der Verband hat sich endlich mal dafür entschieden, einem einheimischen Trainer zu vertrauen. James Kwesi Appiah macht einen hervorragenden Job.
Essien und Gyan sind die Führungsfiguren
Die Defensive steht sehr sicher. Aber das geht nicht zu Lasten unserer Offensive. Der Angriff ist und bleibt nämlich unsere Stärke. Wir sind unberechenbar, das kann ein ganz großer Vorteil werden. Wir haben einige Führungsspieler, auf die man sich absolut verlassen kann. Allen voran natürlich Michael Essien. Leider konnte er 2010 nicht dabei sein. Er hat eine lange Leidenszeit mit vielen Verletzungen hinter sich. Inzwischen steht er beim AC Mailand unter Vertrag. Ich hoffe sehr, dass er bis zur WM noch die nötige Spielpraxis bekommt. Mit seiner Erfahrung ist er als Säule im Mittelfeld eminent wichtig.
Zwei absolute Stützen des Teams: Asamoah Gyan (l.) und Kevin-Prince Boateng  © Bongarts/GettyImages
Die rechte Hand unseres Trainers ist allerdings mittlerweile Asamoah Gyan. Er ist ein sehr bulliger Stürmer. Mit 28 Jahren ist er einer der ältesten und erfahrensten Spieler im aktuellen Kader. Er ist ein Held in unserem Land. Die Leute lieben seine leidenschaftliche Spielweise. Er geht immer bis an seine Grenzen, er kann mit seiner individuellen Klasse ein Spiel auch mal alleine entscheiden. So etwas will man in Ghana sehen.
Boateng eine absolute Bereicherung
Auch die Bundesliga ist in unserem Aufgebot vertreten, um genau zu sein: mein Ex-Klub Schalke 04. Über Kevin-Prince Boateng muss ich wahrscheinlich nicht viele Worte verlieren. Als Persönlichkeit und mit seiner Wucht im Offensivspiel ist er eine absolute Bereicherung, die uns deutlich flexibler macht. Das hat er schon bei der WM 2010 gezeigt.
Überhaupt kann man sagen, dass wir viele Spieler in unserem Kader haben, die durch ihr Engagement in Europa wichtige Erfahrungen sammeln können. Dazu muss man vor allem Kwadwo Asamoah zählen, der bei Juventus Turin Stammkraft im linken Mittelfeld ist. All das macht mir Hoffnung, dass wir uns auf eine spannende und erfolgreiche Weltmeisterschaft freuen können. Ghana ist ein Land, das aus vielen verschiedenen ethnischen Gruppen besteht. Aber der Fußball verbindet alle. Wir sind stolz auf die Jungs. Das ist eine tolle Generation.

QUELLE: http://www.dfb.de/index.php?id=511739&tx_dfbnews_pi1[showUid]=59293&tx_dfbnews_pi4[cat]=165

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